Mitteleuropa vor 320 Millionen Jahren
Große Teile des heutigen Nordrhein-Westfalens lagen zu dieser Zeit am „Karbonmeer“, ein tropisches Meer in Äquatornähe. Riesenschachtelhalme und baumartige Bärlappgewächse, sowie Riesenfarne bildeten dichte Urwälder. Flüsse und Ströme schoben sandige, teilweise auch tonige Sedimente vor sich her und schütteten gewaltige Deltas auf. Langsam senkte sich der Untergrund und es entstanden die ersten Waldmoore.
Quer über den Kontinent zieht sich von West nach Ost ein großes Gebirge, das Geologen das Variszische Gebirge nennen werden. Im Norden dieses Gebirges, dessen eingeebneter Rumpf später zum Rheinischen Schiefergebirge werden soll, dehnt sich eine weite Tiefebene. Flüsse, die im nahen Gebirge entspringen, suchen sich über diese Ebene in Mäandern ihren Weg nach Norden, wo sie ins Meer münden. Die Landschaft ist nun durch ausgedehnte Flachmoore geprägt. Diese Moore, in denen unter feucht-warmem Klima eine üppige Vegetation gedeiht, sind die Geburtsstätten der Steinkohlenflöze. Häufig treten die Ströme über die Ufer, es kommt zu katastrophalen Überschwemmungen und mit den Fluten ergießen sich gewaltige Mengen von Sand und Schlamm über die Ebene, die alles Leben tief unter sich begraben. Jede Überschwemmung hinterlässt bis zu mehrere Meter mächtige Ablagerungen aus Sand und Tonschlamm. Jede Schicht erhöhte den Druck auf das darunter liegende Sediment, so dass das enthaltene Wasser regelrecht heraus gedrückt wurde. Als Folge hiervon verdichteten und verfestigten sich die Sedimentschichten und in einem Zeitraum von vielen Millionen Jahren entstanden so auf sich allmählich absenkendem Untergrund Sedimentschichten von mehreren tausend Metern Mächtigkeit, unterbrochen von insgesamt mehr als 100 Kohleflözen. Aus dem Sand wird durch die Auflast darüber liegender Schichten ein Sandstein, aus dem Ton ein Tonstein.
Die Zeit des Oberkarbon – Entstehungszeit des Ruhrsandstein
Am Ende des Oberkarbon, vor etwa 290 Millionen Jahren, werden diese Ablagerungen durch endogene Schubkräfte gefaltet, mehrere tausend Meter tief in die Erdkruste versenkt und dem Variszischen Gebirge als weitere Faltenstränge angegliedert. Aufgrund des damit verbundenen hohen Drucks infolge der großen Versenkungstiefe wird der noch junge Sandstein in hohem Maße verdichtet und verfestigt. Mehr als 200 Millionen Jahre später wird der oberkarbonische Sandstein durch erneute Bewegungen der Erdkruste und damit verbundener Abtragung darüber liegender Schichten an die Erdoberfläche gehoben.
Als Ergebnis dieser erdgeschichtlichen Vorgänge ist insbesondere in den älteren Schichten des Oberkarbon ein Sandstein entstanden, der sich durch seine im Vergleich mit anderen Sandsteinen geringe Wasseraufnahme, seine an Granite heranreichende hohe Druckfestigkeit, seine hohe Abriebfestigkeit und die allgemein große Verwitterungsbeständigkeit auszeichnet: der Ruhrsandstein, benannt nach dem Fluß, der in heutiger Zeit sein Verbreitungsgebiet von Ost nach West durchfließt.
Die mittlere Korngröße der Ruhrsandsteine liegt in der Regel im fein- und mittelkörnigen Bereich. Die intensiven Kornkontakte zeugen von der starken Kompaktion der Sandsteine. Neben Quarz enthält der Ruhrsandstein hohe Feldspatanteile, so dass die Bezeichnung Arkose für diesen Sandsteintyp bisweilen verwendet wird. Unverwitterter Ruhrsandstein ist von hell- bis blaugrauer oder gelblich-bräunlich Farbe. Je offener er den Atmosphäre ausgesetzt ist, desto intensiver können eisenhaltige Bestandteile mittels Oxidation zu dem Eisenhydroxid Limonit verwittern, welches dem rohen Stein eine gelblich-braune oder auch rötlich-braune Farbe verleiht. Der Herdecker Ruhrsandstein enthält vorzugsweise Hämatit, so dass seine Färbung von außen intensiv rotbraun getönt ist. Gesägtes oder gespaltenes Material hingegen ist eher beige-braun bis grau oder grau-kieselig.
Sandstein wird oft als relativ weiches, wenig abriebfestes Sedimentgestein angesehen. Dieses tritt für den Ruhrsandstein nicht zu.
Der hohe Druck, der massiv auflagernden Schichten führt mit entsprechenden Temperaturen zu gründlichem Eintrag von Kieseläure in das Sediment. Eine geringe Wasseraufnahmekapazität und damit einher gehend eine sehr gute Frostbeständigkeit, sowie eine an feinkörnige Granite heranreichende Druckfestigkeit zeichnen den Ruhrsandstein aus. Eine Rohdichte i.M. von 2,55g/cm³, solide Biegezug- und Abriebfestigkeit sowie eine hohe Verwitterungsbeständigkeit – all diese guten Eigenschaften brachten ihm die Handelsbezeichnung „Hartsandstein“ ein.